1 00:00:00,733 --> 00:00:12,766 IV: Wer waren die Aufseher im Lager? Gab es SS-Männer, Kapos oder gab es auch andere Aufseher? Gab es eine Gruppe oder gab es eine Hierarchie? 2 00:00:12,767 --> 00:00:18,332 PW: Ich habe nicht verstanden. Das Wachpersonal? 3 00:00:18,333 --> 00:00:24,399 IV: Das Wachpesronal, die SS-Männer, die Nazis, die Sie bewachten? 4 00:00:24,400 --> 00:00:25,399 PW. Also... 5 00:00:25,400 --> 00:00:28,832 IV: Gab es bei ihnen Unterschiede oder waren sie alle gleich? 6 00:00:28,833 --> 00:00:36,799 PW: Sie waren alle gleich. Niemand hat uns verfolgt. Es war keine Notwendigkeit, jemanden zu bewachen. 7 00:00:36,800 --> 00:00:46,499 Es war bei uns in der Sowjetunion: wenn jemand etwas gegen die sowjetische Herrschaft sagte, dann hieß es, dass er ein Verräter war. 8 00:00:46,500 --> 00:00:57,232 Er verrät doch sein Land. Wir hatten hier niemanden, über den wir urteilen konnten. Es war egal, ob man Kommunist war, wir mussten alle arbeiten. 9 00:00:57,233 --> 00:01:02,266 Den Deutschen war das egal, ob man Kommunist war. Sie haben es nicht beachtet. 10 00:01:02,267 --> 00:01:02,599 IV: Und sie... 11 00:01:02,600 --> 00:01:12,132 PW: Sehen Sie, bei uns gab es keine Spannungen und keine Konflikte, dass wir uns einander schaden würden. Das gab es nicht. Wir haben friedlich gelebt. 12 00:01:12,133 --> 00:01:18,032 Wenn wir arbeiten mussten, arbeiteten wir, wenn wir essen mussten, aßen wir, wenn wir schlafen mussten, schliefen wir. 13 00:01:18,033 --> 00:01:22,766 IV: Und die SS-Männer und die Kapos? 14 00:01:22,767 --> 00:01:36,166 PW: Die Kapos und die Zimmerdienste waren dafür zuständig, das Brot zu schneiden und zu verteilen. 15 00:01:36,167 --> 00:01:45,999 Und auch dafür, dass die Margarine oder Marmelade auf jeder Scheibe gestrichen ist. Sie haben es so gemacht und achteten auf die Ordnung. 16 00:01:46,000 --> 00:01:56,999 Die Böden mussten gewischt sein. Die Sauberkeit war die Grundlage der Gesundheit. Wo es keine Sauberkeit gibt, gibt es keine Gesundheit. 17 00:01:57,000 --> 00:01:58,599 IV: Das heißt, dass sie auf die Sauberkeit achteten? 18 00:01:58,600 --> 00:02:06,399 PW. Ja, auf die Sauberkeit. Das Brot musste geschnitten und belegt sein. Man musste das Brot vom Lebensmittellager holen und es aufschneiden. 19 00:02:06,400 --> 00:02:16,232 Wir haben in der Nähe des Steinbruchs gearbeitet und die Mithäftlinge brachten uns Brot. Ich erzähle Ihnen etwas. 20 00:02:16,233 --> 00:02:32,832 Es war so, dass nicht nur die Deutschen, die deutsche Polizei oder die Regierung Schelchtes taten. Nehmen wir als Beispiel die Brotausgabe. 21 00:02:32,833 --> 00:02:45,799 Wir bekamen die Brotration nach der Nummer auf der Jacke {zeigt auf die Brust}. Ich hatte die Nummer 1281. Ein Häftling bei der Ausgabe saß am Tisch mit dem Brot 22 00:02:45,800 --> 00:02:57,999 und dort hing eine Liste mit den Häftlingsnummern. Sobald einer seine Ration bekommen hat, wurde es markiert und er konnte gehen. Aber es gab auch welche, die ihre Jacken abgenommen haben 23 00:02:58,000 --> 00:03:11,599 oder die Jacken im Schrank aufhängten und zum Waschen oder zur Toilette gingen. In dieser Zeit kam einer und nahm sich eine der Jacken und ging zur Brotausgabe. 24 00:03:11,600 --> 00:03:23,499 Der Häftling bei der Ausgabe hat notiert, dass eine Ration ausgegeben wurde. Nach der Rückkehr in die Baracke hängte er die Jacke wieder in den Schrank. Der andere wusch sich in der Zeit. 25 00:03:23,500 --> 00:03:34,966 Er hat nicht nur eine fremde Ration gehabt, sondern auch seine eigene. Der andere Häftling wusch sich in der Zeit und kämmte sich die Haare. 26 00:03:34,967 --> 00:03:45,466 Danach ging er zur Brotausgabe und wunderte sich, dass seine Nummer bereits eine Ration bekommen hat. "Du hast schon gekriegt." Der antwortet: "Nein." 27 00:03:45,467 --> 00:03:46,332 IV. Wurde es bestraft? 28 00:03:46,333 --> 00:04:00,899 PW: Es wurde mit einem Stockhieb bestraft. Er weinte: "Ich war es nicht." Ich lobe die Deutschen dafür, dass sie keine Gnade für die Diebe haben. Der Häftling wurde bestraft. 29 00:04:00,900 --> 00:04:12,566 Er soll sich das merken, dass man das Brot anderer nicht nehmen darf. Ein Stück Brot bedeutete Leben für die Menschen. Solche Fälle sind vorgekommen. 30 00:04:12,567 --> 00:04:14,932 Aber es war nicht lange. 31 00:04:14,933 --> 00:04:28,132 Bei kleinen Feiertagen in Deutschland bekamen wir eine Scheibe Brot zusätzlich. Es passierte einmal im Monat oder alle drei Monate. So war es. 32 00:04:28,133 --> 00:04:39,699 Sie haben zum Brot auch noch etwas dazu gebracht, so dass wir wenigstens was im Magen hatten. Wenn der Rettich groß war, haben wir die Hälfte bekommen, wenn er klein war, einen ganzen. 33 00:04:39,700 --> 00:04:50,799 Die Zimmerdienste haben den Rettich ausgeteilt und es blieb noch was übrig. 34 00:04:50,800 --> 00:05:11,066 Im Waschraum hinter der Türe haben sie den Eimer mit dem Rettich gestellt und schickten uns schlafen. Einer stand am frühen Morgen auf und ging leise dorthin. 35 00:05:11,067 --> 00:05:25,132 Wissen Sie, wie man stiehlt? Die Hände zittern. Er nahm den Deckel vom Eimer ab. Der Deckel war so groß, dass man den auf die Seite schieben musste, um nach innen zu kommen. 36 00:05:25,133 --> 00:05:35,132 Als er den Deckel abnahm, haben seine Hände gezittert. In dem Moment fiel der Deckel zu Boden und machte Lärm. 37 00:05:35,133 --> 00:05:51,866 Es erhoben sich Lärm und Schreie von den Zimmerdiensten. Ein Häftling klaut den Rettich! Gut! Wir hatten 5-Meter lange Waschbecken. 38 00:05:51,867 --> 00:06:05,432 Wir hatten Luxus und haben und darin gewaschen. Das Wasser kam aus der Leitung mit einem großen Druck, so dass man die Hand nicht unter den Wasserstrahl halten konnte. 39 00:06:05,433 --> 00:06:15,632 Ich hatte keine Kraft, die Hand unter dem Wasser zu halten, denn das Wasser war voll aufgedreht. Die Zimmerdienste haben das Wasser ganz aufgedreht. 40 00:06:15,633 --> 00:06:28,699 Danach legten sie den Dieb in das Waschbecken unter das Wasser. Sie drehten ihn und sagten dabei: "Gut waschen! Gut! Gut!" 41 00:06:28,700 --> 00:06:47,132 Sie haben ihn gewaschen und ich weiß nicht, ob er dann ins Krankenrevier kam und starb. Er selbst wird nicht mehr stehlen und die, die es gesehen haben, werden es auch nicht tun. 42 00:06:47,133 --> 00:06:51,866 Es war eine sehr gute Idee für den Diebstahl zu bestrafen. 43 00:06:51,867 --> 00:06:54,932 IV: Wer hat bestraft? Die Zimmerdienste oder wer? 44 00:06:54,933 --> 00:06:58,132 PW: Zimmerdienste. 45 00:06:58,133 --> 00:07:26,299 MA: {Rücksprache mit IV} 46 00:07:26,300 --> 00:07:29,866 IV: Pawel, Semjomowytsch. Sie haben ungefähr drei Jahre hier verbracht. 47 00:07:29,867 --> 00:07:30,866 PW: Ja! 48 00:07:30,867 --> 00:07:31,799 IV: In Flossenbürg. 49 00:07:31,800 --> 00:07:32,132 IV: Das heißt... 50 00:07:32,133 --> 00:07:35,132 PW: Nicht ganz, vielleicht ein paar Tage oder Wochen weniger als drei Jahre. 51 00:07:35,133 --> 00:07:35,732 IV: Ja. 52 00:07:35,733 --> 00:07:36,532 PW: Drei Jahre. 53 00:07:36,533 --> 00:07:37,366 IV: Für einen jungen Menschen... 54 00:07:37,367 --> 00:07:43,066 PW: Drei Jahre. Drei Jahre habe ich von meinem jungen Leben verloren! 55 00:07:43,067 --> 00:07:43,899 IV: Ja. 56 00:07:43,900 --> 00:07:48,632 IV: Sie haben viel unter der Arbeit und den Misshandlungen gelitten. 57 00:07:48,633 --> 00:07:57,766 PW: Ich möchte sagen, dass ich viel gelegen habe. Fast den ganzen Winter bin ich im Tuberkulosezelt liegen geblieben. 58 00:07:57,767 --> 00:08:06,099 IV: Was war für Sie das schrecklichste Erlebnis in diesen drei Jahren? 59 00:08:06,100 --> 00:08:23,566 PW: Wie meinen Sie, schrecklich? Am schlimmsten war der Hunger und die schwere Arbeit. Die Steinverarbeitung ist weder Schreibarbeit noch Schreinerarbeit. 60 00:08:23,567 --> 00:08:30,066 Keine Arbeit mit Holz, das man mit einer Maschine behandelt und hobelt. Anders beim Stein. Man musste ihn drehen, er selbst bewegte sich nicht. 61 00:08:30,067 --> 00:08:41,999 Ich bekam Fieber und kam in ein Tuberkulosezelt. Es war gut für mich. Ich möchte noch sagen, dass meine Eltern für mich gebetet haben. 62 00:08:42,000 --> 00:09:01,466 Gott gab mir Gesundheit, dass das Fieber in zehn Wochen ausbrannte und ich überlebte. Und der Kapo vom Tuberkulosezelt sagte: 63 00:09:01,467 --> 00:09:14,599 "Wenn jemand eine zusätzliche Ration Brot oder eine Schüssel Suppe von einem toten Tuberkulosekranken bekommen möchte, soll er aufstehen und den Boden wischen." 64 00:09:14,600 --> 00:09:26,032 In der Nacht sind fünf oder sechs Häftlinge gestorben und man musste den Boden wischen. Auf den Tragen wurden die Leichen weggetragen. Man musste die Pritschen richten, bevor die neuen kamen. 65 00:09:26,033 --> 00:09:38,732 Ordnung muss sein. Es ist Winter. Es gab große Öfen wie Fässer aus Rohren. Sie wurden mit Holzspänen geheizt. 66 00:09:38,733 --> 00:09:53,799 Man macht die Deckel und Rohre auf und steckt einen Holzstab in die Feuerung ein. Dann wird sie mit Holzspänen gefüllt. 67 00:09:53,800 --> 00:10:03,932 Danach wird es zugedeckt und der Holzstab wird rausgezogen. Danach wurde das Fass mit dem Deckel bedeckt. Das Rohr nach außen wurde auch bedeckt 68 00:10:03,933 --> 00:10:15,899 und von innen mit einem Streichholz angezündet. Und die Holzspäne brennen, brennen und brennen. Es brennt so an, dass man wegen der Hitze nicht mehr schlafen kann. 69 00:10:15,900 --> 00:10:27,266 Es war Winter und jemand musste doch arbeiten. Ich habe gearbeitet und noch ein paar junge Männer, die sich noch bewegen konnten. Ich habe eine Scheibe Brot bekommen. 70 00:10:27,267 --> 00:10:38,832 Aber ich wollte dann diese Scheibe Brot nicht mehr. Es war schwer, aber man musste arbeiten. Ich wollte etwas essen. 71 00:10:38,833 --> 00:10:55,999 So habe ich den ganzen Winter überlebt. Es wurde Frühling und es kam ein Arzt, Doktor Obersturmbannführer, und wunderte sich, dass ich ein Kärtchen an meinem Krankenbett hatte. 72 00:10:56,000 --> 00:11:07,299 Er sah, dass ich diese Kreuzchen nicht mehr hatte. Es waren zwei oder drei, jetzt war es eins. Er wunderte sich, dass ich im Gesicht nichts hatte. 73 00:11:07,300 --> 00:11:21,899 Er sagte zu einem Arzt-Häftling, dass er eine Analyse machen sollte, was auch geschah. 74 00:11:21,900 --> 00:11:40,566 Pawlo Wosnjuk lebt und hat keine Kreuzchen, kann also arbeiten! Ich versuchte wieder, im Steinbruch den ganzen Herbst zu arbeiten. {Nebengeräusch} 75 00:11:40,567 --> 00:11:52,866 Und dann wurde ich wieder verletzt. Es kam Fieber und ich hatte keine Kräfte. Ich komme ins Krankenrevier und werde untersucht. Ich hatte wieder Fieber. 76 00:11:52,867 --> 00:12:07,599 Der Arzt sah mich und sagte, gerade lag ich dort und jetzt komme ich wieder. Ich blieb da einen Monat lang liegen. Ich sage, dass ich nur Gott verdanke, dass ich lebe. 77 00:12:07,600 --> 00:12:12,866 Vielleicht, weil mein Vater für mich betete. Ich weiß nicht, wie ich überlebte. {lacht} 78 00:12:12,867 --> 00:12:13,966 IV: (???) 79 00:12:13,967 --> 00:12:20,199 PW: Ich darf mich für mein Leben nicht loben. 80 00:12:20,200 --> 00:12:31,266 MA: Wenn der Körper den ganzen Tag kämpft zu überleben, wie geht es deiner Seele? Damals, wie ging es seiner Seele? Das alles zu sehen 81 00:12:31,267 --> 00:12:41,499 IV: Als Sie so schwer tuberkolosekrank waren.. was ist in Ihrer Seele vorgegangen? 82 00:12:41,500 --> 00:12:44,699 Wie haben Sie das alles seelisch verkraftet? 83 00:12:44,700 --> 00:12:46,166 PW: {hustet} 84 00:12:46,167 --> 00:13:10,099 Wie ich überlebte? Ich habe überlebt. Hören Sie auf die Jugend. Ich hatte zu Hause ein Mädchen, das ich zurückließ. Ich wollte es wieder sehen. 85 00:13:10,100 --> 00:13:28,799 Die Jugend verbrachte ich in Flossenbürg. Die Befreiung kam. Der KGB hat mich überprüft. Dann kam ich nach Hause zurück. Aus dem Lager kam ich nicht sofort nach Hause. 86 00:13:28,800 --> 00:13:45,632 Wir wurden auch von unseren Ärzten von der sowjetischen Armee medizinisch untersucht. Der KGB holte uns nachts aus dem Schlaf. 87 00:13:45,633 --> 00:13:56,899 Sie haben mich verhört, ob ich die Wahrheit oder die Unwahrheit sage, wie das Leben im KZ war. Ich musste alles von A bis Z erzählen. 88 00:13:56,900 --> 00:14:07,532 Vielleicht hat jemand mit den Deutschen kollaboriert oder war ein Polizist. Als ich in die Ukraine zurückkehrte, wurde ich gefragt, in welchem Lager ich war. 89 00:14:07,533 --> 00:14:16,899 Ich habe es erzählt. Er drehte sich zu mir. Er hat schon vergessen, was Flossenbürg war. 90 00:14:16,900 --> 00:14:26,032 Ich habe hier drei Jahre verbracht. Ich werde Flossenbürg nie vergessen. 91 00:14:26,033 --> 00:14:36,066 Und diesen, der hier nicht war, haben sie geholt. Er hat schon vergessen, wie er geheißen hat. Der KGB konnte überprüfen, wer in Flossenbürg war. 92 00:14:36,067 --> 00:14:46,532 Er sagte, dass einer so etwas wie ein Polizist war. Sie haben von zu Hause ein Führungszeugnis geholt. Er war im KZ und wurde befreit. Er kam nach Hause zurück. 93 00:14:46,533 --> 00:15:01,566 War Pawlo ein Polizist hier oder nicht? Nein, er war es nicht. Pawlo war genau wie die anderen auch. Ich habe sieben Schulklassen besucht. Dann wurde ich nach Deutschland verschleppt. 94 00:15:01,567 --> 00:15:13,499 Ich wurde befreit von allen Kontrollen vom NKWD und KGB. 95 00:15:13,500 --> 00:15:27,366 Dann kam ich in einen kleinen Ort in Österreich, nach Schrems, nicht weit von der Tschechoslowakei. 96 00:15:27,367 --> 00:15:44,099 In diesem Schrems verbrachte ich ein Jahr in der sowjetischen Armee und im nächsten Jahr kam ich nach Ungarn nach Sopron. Auch dort war ich ein Jahr lang. 97 00:15:44,100 --> 00:15:52,532 Dann kam der Befehl, nach Hause zurückzukehren. 98 00:15:52,533 --> 00:15:59,699 MA: (???) 99 00:15:59,700 --> 00:16:09,632 IV: Könnten Sie bitte zum Schluss erzählen, wie die Befreiung war und wo Sie sich gerade befunden haben? 100 00:16:09,633 --> 00:16:11,232 PW: Wo? Im KZ. 101 00:16:11,233 --> 00:16:12,466 IV: Ja. 102 00:16:12,467 --> 00:16:31,399 PW: Es war der 20. April 1945. Es begann schon um den 19. April. Es waren Juden im KZ Flossenbürg. 103 00:16:31,400 --> 00:16:43,299 Die meisten von ihnen waren Polen, Tschechen und sie verstanden kein Russsich und kein Deutsch. Es waren ungarische Juden. 104 00:16:43,300 --> 00:16:55,899 Die Juden wurden als erste Gruppe evakuiert. Sie haben schon etwas gespürt. Sie haben sich unter den Paletten versteckt. 105 00:16:55,900 --> 00:17:07,799 Aber man kann eine Nadel, wie auch einen Menschen finden. Sie wurden gefunden und um 5 Uhr morgens hinausgeführt. 106 00:17:07,800 --> 00:17:23,732 Nach einer gewissen Zeit wurde eine zweite Kolonne formiert und in eine Richtung geschickt. So ging es bis zum 20. April. {lächelt}. 107 00:17:23,733 --> 00:17:25,532 Verstehen Sie Ukrainisch? 108 00:17:25,533 --> 00:17:39,199 Am 20. April verließ Pawlo mit einer Kolonne das Lager mit 4500 Häftlingen. 109 00:17:39,200 --> 00:17:47,532 Wir verließen das KZ Flossenbürg und gingen nach unten links. 110 00:17:47,533 --> 00:18:02,999 Wir wurden in ein Waldstück geführt. Ein Teil des Waldes wurde schon gerodet. Wir blieben dort eine Nacht. Dann kamen mit einem Fahrzeug SS-Männer oder die Aufseher 111 00:18:03,000 --> 00:18:14,099 und als sie sahen wie viele Häftlinge es im Wald gibt, ließen sie uns dort. 112 00:18:14,100 --> 00:18:28,999 Dann lassen sie uns weiter gehen. Wir verlassen den Wald und kommen in ein Tal herunter. 113 00:18:29,000 --> 00:18:42,099 Und am Ufer gab es solche Ameisenhügel. Und wir... Die Beine tun weh. Das Wasser war zu kalt. 114 00:18:42,100 --> 00:18:53,299 Es war um den 20. April. Wir wollten uns irgendwo hinsetzen. Die Wiese war nass. Wir konnten weder stehen noch sitzen. 115 00:18:53,300 --> 00:19:10,166 Wir blieben bis zum Morgen sitzen. Wir bekamen nichts zum Essen. Die Bewachung ist gekommen und setzte sich etwas abseits und begann untereinander zu reden. 116 00:19:10,167 --> 00:19:26,099 Die deutschen Wachen haben mit zehn Karren Rüben und Kartoffeln transportiert. Wir gingen in acht Reihen. 117 00:19:26,100 --> 00:19:41,832 Die Reihen gingen auseinander und die Deutschen haben uns Kartoffeln, da Rüben, in die Reihen gegeben. 118 00:19:41,833 --> 00:19:55,599 Ich konnte vier Kartoffeln fangen, zwei große und zwei kleine. Die Kartoffeln fielen auf den Boden. 119 00:19:55,600 --> 00:20:05,232 Unsere Kameraden hoben sie auf und wischten den Dreck ab. Ich habe eine Kartoffel gegessen und mir wurde mulmig. 120 00:20:05,233 --> 00:20:18,666 Dann haben mir die Kameraden unter die Arme gegriffen. Wir kamen in eine kleine Stadt. Dort sollten wir erschossen werden. Wir machten einen Halt. 121 00:20:18,667 --> 00:20:28,666 Es regnete nicht mehr stark, sondern es gab nur Sprühregen. Ich hatte ein Bettlaken mitgenommen, mit dem ich mich zudeckte. 122 00:20:28,667 --> 00:20:44,299 Es war so löchrig, dass man damit auch Fische fangen konnte. Wir deckten uns damit zu, aber auch die Bettlaken waren bald nass. Die Kameraden brachen Äste von den Bäumen ab. 123 00:20:44,300 --> 00:20:55,799 Aus den Ästen haben sie Feuer gemacht. Ich konnte nicht mehr. Alle setzten sich um das Feuer und wärmten sich auf. 124 00:20:55,800 --> 00:21:10,299 Es stieg ein Dampf auf. Die Kameraden verbrannten die Äste. Ein SS-Mann saß und beobachtete es. Es regnete. 125 00:21:10,300 --> 00:21:19,266 Am Waldrand waren über der Straße Pfützen. Und der Deutsche hat eine leere Konservendose reingeworfen. 126 00:21:19,267 --> 00:21:32,399 Und ich rief den Kameraden zu, dass sie diese Dose herausnehmen und Wasser besorgen sollen. Wir legten in die Dose Kartoffeln zum Kochen. Aber sie wollten nicht kochen. 127 00:21:32,400 --> 00:21:43,699 Wenigstens konnten sie halbrohe Kartoffeln essen. Ich konnte es nicht, weil mir danach mulmig wurde. Sie haben in dieser Dose Wasser gekocht und mir gegeben. 128 00:21:43,700 --> 00:21:49,399 Die Kartoffel war nicht gekocht, sondern nur gegart. 129 00:21:49,400 --> 00:21:56,932 Und ich sagte zu den Kameraden: "Ihr habt eure Brotration gegessen, jetzt werde ich mit euch meine teilen". 130 00:21:56,933 --> 00:22:12,299 Ich habe zwei kleinere beiden Kameraden gegeben und sie legten sie in die Dose und baten den Deutschen, ihnen zu erlauben, Holz zu holen. Ich habe meine zwei gegessen und wir gingen weiter. 131 00:22:12,300 --> 00:22:15,632 IV: War das vor der Befreiung? 132 00:22:15,633 --> 00:22:31,832 PW: Ja, ja! Wir gingen und wir hatten nichts mehr zum Essen. Diese deutschen Wachen gingen in das Dorf und kamen mit den Kartoffeln zurück und gaben sie uns. 133 00:22:31,833 --> 00:22:49,032 Manche deutsche Jungen warfen mit Steinen auf uns, die anderen haben uns ein Stück Brot zugesteckt. Es kam darauf an, welche Seele sie hatten. 134 00:22:49,033 --> 00:23:03,266 Entweder eine göttliche oder satanische. Die deutschen Bewacher fingen an, die zivilen Deutschen anzuschreien und mit ihnen zu streiten. 135 00:23:03,267 --> 00:23:13,799 Ich fing das Brot. Einer hat gefangen und ich bin gefallen. Es war kein Wunder, dass man umgefallen ist. Wir fielen aufeinander. Manch einer wurde zu Tode getrampelt. 136 00:23:13,800 --> 00:23:26,499 Die deutschen Bewacher schrien die Zvilisten an, die Rüben nicht zuzuwerfen. Wir sollten erschossen werden, wie ich es Ihnen schon erzählte. 137 00:23:26,500 --> 00:23:42,532 Wir haben die Kartoffeln gegessen und die Amerikaner begannen zu schießen. Die SS-Männer sind geflohen und wir wurden frei. 138 00:23:42,533 --> 00:23:58,466 Dann haben die Amerikaner uns etwas zum Essen gegeben und auch Zivilisten gaben uns Milch oder so etwas. 139 00:23:58,467 --> 00:23:58,966 {atmet durch} 140 00:23:58,967 --> 00:24:04,432 Ich erzähle Ihnen aus reinem Herzen. 141 00:24:04,433 --> 00:24:07,532 MA: (???) 142 00:24:07,533 --> 00:00:00,000 IV: Wir sind Ihnen sehr dankbar!