1 00:00:00,000 --> 00:00:20,999 {Undeutlich. Gespräch zwischen dem Kameramann und der Dolmetscherin}. 2 00:00:21,000 --> 00:00:29,999 IV: Galina Leonidowna, Sie erzählen, dass Sie hierher zur Arbeit kamen, es ist für Sie wie eine Arbeit. Sie kommen hierher, Sie erzählen, 3 00:00:30,000 --> 00:00:39,999 obwohl Ihre Erlebnisse und Erinnerungen sehr schwer sind. Könnten Sie uns erklären, warum beschäftigen Sie sich damit? 4 00:00:40,000 --> 00:00:45,999 Was begleitet Sie, was bewegt Sie, sich so aktiv damit zu beschäftigen? 5 00:00:46,000 --> 00:00:59,999 GS: Erstens glaube ich, dass Gott mich am Leben gelassen hat, damit ich die Wahrheit erzählen kann, was ich gesehen habe. 6 00:01:00,000 --> 00:01:10,999 Das ist erstens, und zweitens, will ich durch meine Erzählungen niemanden dafür beschuldigen, weil es Politik ist – die der Kriege. 7 00:01:11,000 --> 00:01:18,999 Ich erzähle darüber, damit die junge Generation einfach weiß, was Krieg bedeutet, 8 00:01:19,000 --> 00:01:25,999 damit sich das nie wiederholen wird. Das ist meine Aufgabe. Die Wahrheit zu erzählen. 9 00:01:26,000 --> 00:02:05,999 {Undeutlich. Gespräch zwischen dem Kameramann und der Dolmetscherin} 10 00:02:06,000 --> 00:02:07,999 IV: Sie waren in Auschwitz. 11 00:02:08,000 --> 00:02:08,999 GS: Ja. 12 00:02:09,000 --> 00:02:10,999 IV: Danach in Mittweida 13 00:02:11,000 --> 00:02:13,999 GS: Nein, ich war nicht in Mittweida. Ich war in Dresden. 14 00:02:14,000 --> 00:02:14,999 {Undeutlich. Gespräch zwischen dem Kameramann und der Dolmetscherin}. 15 00:02:15,000 --> 00:02:16,999 GS: Dresden. 16 00:02:17,000 --> 00:02:20,999 IV: Und danach hier in Flossenbürg? 17 00:02:21,000 --> 00:02:27,999 GS: War ich nicht. Dresden – es ist eine Filiale, eine Filiale von Flossenbürg. 18 00:02:28,000 --> 00:02:37,999 IV: So ... Auschwitz ist sehr bekannt, aber über andere Lager gibt es weniger Fakten. 19 00:02:38,000 --> 00:02:45,999 So könnten Sie bitte erzählen, wie sind Sie nach Auschwitz geraten, und wie lief es weiter… Wie… 20 00:02:46,000 --> 00:02:52,999 Wie sind Sie weiter nach Dresden geraten, in die anderen Lager? {unverständlich} Geschichte… 21 00:02:53,000 --> 00:03:02,999 GS: Am 8. Mai 1943 hat mich der SD in Minsk verhaftet. 22 00:03:03,000 --> 00:03:11,999 Einen Monat lang war ich in einer Einzelzelle, natürlich gab es Verhöre. 23 00:03:12,000 --> 00:03:20,999 Aber da ich niemanden verraten habe, niemanden preisgegeben habe {räuspert sich}, wurde ich ins Gefängnis überstellt. In ein Gefängnis in Minsk. 24 00:03:21,000 --> 00:03:29,999 Fünf Monate lang saß ich im Gefängnis, und mit dem ersten Transport von Minsk kam ich nach Auschwitz. 25 00:03:30,000 --> 00:03:35,999 Der Transport war voll. 1700 Menschen, Männer und Frauen. 26 00:03:36,000 --> 00:03:47,999 So, dort gab es sofort Typhus, alle Krankheiten, ich habe das alles erlebt, alle Grausamkeiten und alle Schrecken. 27 00:03:48,000 --> 00:03:57,999 Weil wenn es eine Hölle in der Welt gibt {lächt}, dann heißt diese Hölle Auschwitz. 28 00:03:58,000 --> 00:04:02,999 Meiner Meinung nach konnte es nirgendwo auf der Welt schlimmer sein. 29 00:04:03,000 --> 00:04:19,999 Brutale Folter, Schwierigkeiten, Typhus, Krankheiten, Tag und Nacht Krematorien, Tag und Nacht Rauch über.. über ... über dem Lager und der Geruch der verbrannten Körper. 30 00:04:20,000 --> 00:04:31,999 Massenweise wurden die Juden verbrannt. Die Gefangenen anderer Nationalitäten hat man erst dann verbrannt, wenn sie nicht mehr arbeiten konnten oder gestorben waren. 31 00:04:32,000 --> 00:04:42,999 Als die Toten verbrannt wurden, entströmte weißer Rauch, als die Menschen lebendig verbrannt wurden, entströmte so ein fast schwarzes Feuer, 32 00:04:43,000 --> 00:04:51,999 und der Rauch hat sich noch etwa 20 Kilometer weit nicht verzogen, er quoll, er war sehr schwer und stieg nicht auf. 33 00:04:52,000 --> 00:04:58,999 Das sind die Schrecken von Auschwitz. Sehr… 34 00:04:59,000 --> 00:05:05,999 Ich hätte nie gedacht, dass Frauen so grausam sein können. 35 00:05:06,000 --> 00:05:17,999 Sie gelten als das schwache Geschlecht, aber die grausamsten waren eigentlich sie SS-Frauen, die Männer waren nicht so grausam wie die Frauen. 36 00:05:18,000 --> 00:05:34,999 Immer Schläge, sie hetzt einfach einen Schäferhund auf einen lebendigen Menschen, einen Hund, und steht, und lächelt, wenn der Hund einen Menschen zerbeißt. 37 00:05:35,000 --> 00:05:49,999 Und danach, als wir durch diese Hölle von Auschwitz gegangen sind, als sowjetische Truppen schon näher kamen, hat man angefangen das Lager zu evakuieren. 38 00:05:50,000 --> 00:06:04,999 Na, wir dachten, dass man uns gekauft hat – ich kann mich nicht erinnern, 400 oder 500 Menschen hat man in den Konzern Zeiss in Dresden gebracht. 39 00:06:05,000 --> 00:06:13,999 Also, natürlich war es im Vergleich zu Auschwitz ein Paradies, außer, dass wir 12 Stunden lang an den Maschinen arbeiten mussten. 40 00:06:14,000 --> 00:06:22,999 Nachtschicht, Tagschicht. So, natürlich, sehr ärmliches Essen. So, ein Krieg ist ein Krieg – da gibt es nichts zu sagen. 41 00:06:23,000 --> 00:06:34,999 So… Wir haben so gearbeitet wie wir konnten, egal ob wir konnten oder nicht, wollten oder nicht, so… 42 00:06:35,000 --> 00:06:41,999 Ich zum Beispiel {räuspert sich} erinnere mich an einen Menschen, er ist natürlich nicht mehr am Leben, 43 00:06:42,000 --> 00:06:47,999 an einen älteren Meister, er war damals, glaube ich, etwa 70 Jahre alt… 44 00:06:48,000 --> 00:07:02,999 Er war mein Chef, hat sich mir gegenüber gut verhalten, mit der Vorsicht, weil es bei uns dort auch die SS-Frauen gab. 45 00:07:03,000 --> 00:07:09,999 So… Also er hat mich geschont. Ich habe ihm erzählt, wer ich bin und was ich bin, habe ihm über Auschwitz erzählt. 46 00:07:10,000 --> 00:07:22,999 Ich habe ihm meine Nummer auf dem Arm gezeigt. So. Und er hat mir manchmal Salz gebracht. Wir haben an Skorbut gelitten, und er hat Salz gebracht, 47 00:07:23,000 --> 00:07:31,999 und er hat auch gesehen, dass ich sehr erschöpft war, und es hat mich geschmerzt, auf ... auf dem Stuhl zu sitzen, er hat mir heimlich ein kleines Kissen gebracht. 48 00:07:32,000 --> 00:07:39,999 Es schaut wie eine Kleinigkeit aus, ja? Aber es ist die Menschlichkeit. 49 00:07:40,000 --> 00:07:51,999 Aber wir gaben uns Mühe, natürlich {räuspert sich}, offen gestanden, es wurde auf den Werkzeugmaschinen aufgeschrieben {räuspert sich}, wie viele Werkstücke vor dem Krieg produziert wurden, 50 00:07:52,000 --> 00:07:58,999 wie viele Werkstücke man produzieren musste, es waren 7000. Wir haben diese 7000 gefertigt. 51 00:07:59,000 --> 00:08:03,999 Aber wie viel Ausschuss es dabei gab {lächt} – das wurde nicht berechnet. 52 00:08:04,000 --> 00:08:11,999 Nur manchmal ist mein Chef zu mir gekommen und hat gesagt: „Galina, was machst du mit mir? 53 00:08:12,000 --> 00:08:15,999 Ich kann ja dorthin geraten, wo du, … woher du gekommen bist…“ 54 00:08:16,000 --> 00:08:21,999 „… du machst doch Ausschuss“. Ich sage: „Es klappt bei mir nicht“. 55 00:08:22,000 --> 00:08:28,999 Und außerdem war es bei mir ein Schlußarbeitsgang. Hielt man den Bohrer ein bisschen länger, war das Werkstück schon unbrauchbar. 56 00:08:29,000 --> 00:08:43,999 So waren wir dort von Oktober bis April. Und wir mussten diese schreckliche Bom… Bombardierung in Dresden erleben. 57 00:08:44,000 --> 00:08:54,999 Es war ... Es war auch schrecklich. Erst jetzt {räuspert sich}, nach 60 Jahren, habe ich den Fernseher eingeschaltet und schaue mir „Euronews" an. 58 00:08:55,000 --> 00:08:58,999 Und dort erzählt man über diese Bombardierung. 59 00:08:59,000 --> 00:09:10,999 Und ich, glauben Sie mir, ich bin auf die Knie gesunken, habe zu Gott gebetet, habe mich bei ihm für alle, die überlebt haben, bedankt. 60 00:09:11,000 --> 00:09:16,999 In dieser Hölle, im Zentrum Dresdens, haben wir damals überlebt. 61 00:09:17,000 --> 00:09:25,999 Wie haben die ganze Zeit gekniet und auf verschiedenen Sprachen gebetet, alle, die da waren. Wir haben gebetet. 62 00:09:26,000 --> 00:09:32,999 Man hat uns im Gebäude eingesperrt und ist weggegangen. Wie waren eingesperrt. Ich kann nicht genau sagen, welche Etage es war. 63 00:09:33,000 --> 00:09:40,999 Aber das Gebäude hat von einer Seite zur anderen gewackelt. Das war ein Angriff. 64 00:09:41,000 --> 00:09:43,999 Das habe ich erst jetzt gewusst – die Engländer haben bombardiert. 65 00:09:44,000 --> 00:09:53,999 Danach war eine Pause, wir sind gefallen, waren einfach müde, und dann kam der zweite… Am frühen Morgen war der zweite Angriff. 66 00:09:54,000 --> 00:10:00,999 Und jetzt habe ich wirklich gewusst, dass es… ein Wunder vollbracht wurde. 67 00:10:01,000 --> 00:10:11,999 Es gab 769 Flugzeuge – das habe ich jetzt erfahren. 30.000 Bomben wurden auf Dresden abgeworfen. 68 00:10:12,000 --> 00:10:21,999 {räuspert sich} Das war wirklich ein Wunder, dass wir überlebt haben. Später ging ich durch das zerstörte Dresden und dachte mir: 69 00:10:22,000 --> 00:10:28,999 „Na sowas, eine solche Stadt wurde so zerstört, das ist doch schrecklich.“ 70 00:10:29,000 --> 00:10:40,999 Vor meinen Augen wurde Pirna zerbombt, damals hat man uns evakuiert - es war eine Stadt etwa 18 Kilometer von Dresden entfernt - eine Textilstadt, ich habe das später erfahren. 71 00:10:41,000 --> 00:10:46,999 So… Danach per Transport bis in die Tschechoslowakei. 72 00:10:47,000 --> 00:10:58,999 20 Kilometer vor der Grenze wurden wir gestoppt – es war ein Lager, ein Feldlager {räuspert sich}. Und ich bin von dort am 1.Mai geflohen. 73 00:10:59,000 --> 00:11:07,999 Bin geflohen, und wieder hat mich ein Mensch versteckt {wischt die Nase}, wir waren zu fünft… er hat uns in seiner Mühle versteckt, 74 00:11:08,000 --> 00:11:15,999 hinter den Säcken haben wir uns versteckt. Er war Deutscher, sein Sohn ist in Stalingrad gestorben. 75 00:11:16,000 --> 00:11:19,999 {kämpft mit den Tränen} Sehen Sie, ich kann das nicht ruhig erzählen… Wie… 76 00:11:20,000 --> 00:11:27,999 Was ist ein Krieg? Sein Sohn ist gestorben, er ist nicht schuldig, er wurde zu uns geschickt. 77 00:11:28,000 --> 00:11:35,999 Ich bin nicht schuldig – ich wurde hierher geschickt. Der zweite ist zurückgekehrt… Nicht zurückgekehrt – er ist verschollen. 78 00:11:36,000 --> 00:11:42,999 Er hat nur gebeten, dass wir uns nie vor seiner Frau zeigen, weil es ihr weh getan hätte uns Russen zu sehen. 79 00:11:43,000 --> 00:11:46,999 Aber wir waren doch nicht schuldig. So {wischt die Nase}. 80 00:11:47,000 --> 00:11:55,999 Und dann kamen unsere Truppen. Das war´s. So eine… Stellen Sie die Fragen. Was habe ich vergessen? 81 00:11:56,000 --> 00:11:59,999 IV: Bei Ihnen sind irgendwelche… Sie sagten, Ihnen hat ein Deutscher geholfen, 82 00:12:00,000 --> 00:12:04,999 aber gab es noch irgendwelche Kontakte mir der Bevölkerung? Gab es irgendwelche Hilfe von der lokalen Bevölkerung? 83 00:12:05,000 --> 00:12:11,999 GS: So drei. Dieser Meister. In einer anderen Schicht hat eine Frau gearbeitet, sie war völlig anders. 84 00:12:12,000 --> 00:12:17,999 Sie hat einfach weder was Böses {wischt die Nase}, noch was Gutes gemacht. 85 00:12:18,000 --> 00:12:23,999 So, sie hatte wahrscheinlich Angst. Der zweite Kontakt war, als wir geflohen sind… 86 00:12:24,000 --> 00:12:30,999 Zu fünft. Wir waren hungrig - wir wurden nicht verpflegt. Wir haben das ganze Gras gegessen, mit den Wurzeln, 87 00:12:31,000 --> 00:12:39,999 alle Blättchen der Traubenkirsche haben wir gegessen, und irgendein Mineralsalz, das es in der Scheune gab. 88 00:12:40,000 --> 00:12:48,999 {wischt das Gesicht mit der Hand} Und als wir geflohen sind {räuspert sich}, haben wir an dem Zaun gesessen – wir wussten nicht, wohin wir gehen sollen – es war in einem großen Dorf… 89 00:12:49,000 --> 00:12:57,999 Und es geht eine Frau vorbei. Ich sehe, dass die Deutsche vorbeigeht. Ich bin zu ihr gegangen und habe gefragt, 90 00:12:58,000 --> 00:13:04,999 ob sie könnte… ob es irgendeine Arbeit gibt, weil es Frühling war, Kartoffeln pflanzen oder so etwas… 91 00:13:05,000 --> 00:13:15,999 Dass wir… Ich habe natürlich gelogen, dass wir von der Fabrik in Pirna sind und die Stadt zerbombt wurde, und wir keinen Ausweis haben, nichts… 92 00:13:16,000 --> 00:13:21,999 Sie sagte: „Nein, es gibt hier bei uns viele Evakuierte, wir haben keine Arbeit.“ 93 00:13:22,000 --> 00:13:29,999 Aber in 20 Minuten kommt {räuspert sich} sie... Jemand sagt mir: „Schau mal, diese Frau kommt wieder.“ 94 00:13:30,000 --> 00:13:32,999 Sie ging so vorbei und sie hat so eine Tasche getragen. 95 00:13:33,000 --> 00:13:42,999 Sie ging so vorbei, uns hat sie nicht angeschaut, hat ihre Tasche mir Kartoffeln ausgekippt und ist weggegangen, hat nichts gesagt, ich habe mich nur hinterher bei ihr bedankt. 96 00:13:43,000 --> 00:13:53,999 Das war ein Verhalten. Und der, der uns von... vom zweiten bis achten Tag versteckt hat. Sechs Tage hat er uns versteckt. 97 00:13:54,000 --> 00:14:05,999 Als die Feldgendarmerie ins Dorf {räuspert sich} kam, hat er uns unbedingt davor gewarnt und uns im Keller versteckt - dort gab es verschiedene Fässer… 98 00:14:06,000 --> 00:14:15,999 Und danach. Als sie weggegangen, weggefahren sind, hat er uns mitgeteilt, dass wir rausgehen dürfen. Und nur einmal haben wir für seine Töchter Brennholz gesägt. 99 00:14:16,000 --> 00:14:24,999 Ansonsten… Wir sind nur in der Nacht rausgegangen, er wusste darüber nichts, der Hausherr. Wir sind in der Nacht zum Feld gegangen, wo Kartoffeln gepflanzt wurden. 100 00:14:25,000 --> 00:14:26,999 Die Deutschen haben sie gepflanzt und wir haben sie ausgegraben. 101 00:14:27,000 --> 00:14:34,999 Weil wir was essen mussten. Und durch das arme Dorf sind wir nicht gegangen. Und dann wurden wir befreit. 102 00:14:35,000 --> 00:14:50,999 Als uns die voraus gehenden Truppen befreit {berührt die Haare} haben, habe ich sie gewarnt: Wenn sie etwas Schlechtes mit diesen Menschen machen, die… "Ihr seid jetzt gekommen… Ich weiß, wie es passiert. 103 00:14:51,000 --> 00:14:55,999 Stellt an dieses Haus ein gutes Schild, damit man es in Ruhe lässt." 104 00:14:56,000 --> 00:15:00,999 Und sie haben das gemacht. Damit ja keine… 105 00:15:01,000 --> 00:15:08,999 Weil es im Keller, er wusste das nicht, der Hausherr selber wusste das nicht, sehr viele Deutschen gab. 106 00:15:09,000 --> 00:15:14,999 Und als die Aufklärer kamen, haben sie auch die Keller geprüft. Und viele Leute haben sie rausgeführt. 107 00:15:15,000 --> 00:15:21,999 Und ich habe gebeten, weil er nicht wusste, wir können das bestätigen, weil wir gesehen haben, wie sie sich umgekleidet haben, alle… Wir haben uns hinter den Säcken versteckt. 108 00:15:22,000 --> 00:15:29,999 So habe ich gute Menschen getroffen. So und jetzt habe ich sehr viele Freunde. 109 00:15:30,000 --> 00:15:35,999 Sowohl in Bielefeld, als auch in Stuttgart, auch in Köln – sehr viele Freunde, 110 00:15:36,000 --> 00:15:41,999 mit denen ich in Briefwechsel stehe, die ich anrufe, und sie rufen mich auch an. 111 00:15:42,000 --> 00:15:48,999 Ich erzähle das alles gerne den Kindern – sie gucken mit so weit aufgerissenen Augen. 112 00:15:49,000 --> 00:15:57,999 Ich habe das in einer Schule in Bielefeld {räuspert sich} erzählt – ein Mädchen hat 37 Fragen aufgeschrieben, gestellt. 113 00:15:58,000 --> 00:16:05,999 Wahrscheinlich will sie Journalistin werden. Sehr viele Fragen stellt man. Nicht gleichgültig, nicht gleichgültig… 114 00:16:06,000 --> 00:16:12,999 Nur eine einzige Frage gab es letztes Jahr, eine solche wurde früher noch nie gestellt, {schnupft}… 115 00:16:13,000 --> 00:16:22,999 Es gab zwei Fragen. Eine Frage hat ein Junge in Bielefeld gestellt, er war etwa 25 Jahre alt. 116 00:16:23,000 --> 00:16:30,999 Er sagte {räuspert sich}: „Welchen Unterschied gibt es zwischen einem Krematorium und einem Sanatorium?“ 117 00:16:31,000 --> 00:16:39,999 Ich habe ihm ein Foto eines Krematoriums gezeigt und gesagt: „Das ist ein Krematorium, aber was ein Sanatorium angeht, weiß ich nicht, in was für einem Sie waren.“ 118 00:16:40,000 --> 00:16:43,999 Dieses Foto wurde weiter in den Saal gegeben, danach zurückgegeben. 119 00:16:44,000 --> 00:16:48,999 Ich war natürlich nicht entrüstet, nichts, habe einfach so geantwortet. 120 00:16:49,000 --> 00:16:54,999 Dann kam zu mir der Pädagoge und sagte: „Wissen Sie, er ist krank.“ 121 00:16:55,000 --> 00:17:00,999 Als wir losgegangen sind, sehe ich, er steht und wartet. 122 00:17:01,000 --> 00:17:04,999 Ich denke mir: „Was sagst du jetzt, Bursche?“ {lacht} 123 00:17:05,000 --> 00:17:13,999 Aber er hat sich entschuldigt, hat uns eine gute Fahrt gewünscht, hat sich von uns verabschiedet. So war es… 124 00:17:14,000 --> 00:17:25,999 Und letztes Mal, vor einem Jahr {räuspert sich}… Es war eine touristische… diese… Gruppe in Köln. 125 00:17:26,000 --> 00:17:36,999 Und es wurde mir eine Frage in solchem Ton gestellt {räuspert sich}: „Also, haben Sie keine Angst in unser Land zu kommen, und solche Schrecken zu erzählen?“ 126 00:17:37,000 --> 00:17:40,999 Ich bin in Gelächter ausgebrochen und sage: „Nein, ich habe keine Angst, 127 00:17:41,000 --> 00:17:47,999 Erstens, Gott hat mich am Leben gelassen, damit ich das erzählen kann, und zweitens, kann etwas schrecklicher als Auschwitz sein?“ 128 00:17:48,000 --> 00:17:51,999 Vor was soll ich Angst haben? {lacht} So. 129 00:17:52,000 --> 00:17:56,999 IV: Sagen Sie bitte, welchen Unterschied gab es zwischen dem Lager in Auschwitz und dem Lager in Dresden? 130 00:17:57,000 --> 00:17:58,999 Welche Unterschiede gab es? 131 00:17:59,000 --> 00:18:06,999 GS: {berührt die Haare} Sie waren von Grund auf verschieden. Von Grund auf verschieden. Hier war es natürlich die Arbeit so… 132 00:18:07,000 --> 00:18:14,999 Was ist, wenn ein erschöpfter Mensch 12 Stunden lang sitzt an dieser…? Aber hier war es ein anderes Verhältnis. 133 00:18:15,000 --> 00:18:26,999 Eine andere Atmosphäre. Man ließ uns auch ein Mal… am Wochenende gruppenweise in den Hof gehen. 134 00:18:27,000 --> 00:18:31,999 Weil wir leicht bekleidet waren, hat man uns erlaubt unsere Bettdecken zu nehmen. 135 00:18:32,000 --> 00:18:36,999 Wir haben uns eingehüllt und gingen raus… Es war doch Winter, kalt… 136 00:18:37,000 --> 00:18:41,999 Wenn man einfach stehen bleibt – erfriert man. Wir haben getanzt und gesungen. 137 00:18:42,000 --> 00:18:53,999 Selber haben wir Musik gemacht und getanzt. Und dann sind die Bewohner von Dresden auf den Balkon nicht rausgegangen, aber wir haben sie durch die Fenster gesehen. 138 00:18:54,000 --> 00:19:01,999 Sie haben geguckt und sich gewundert: Erschöpfte Frauen, ohne Haare, aber sie tanzen und singen. {lacht} 139 00:19:02,000 --> 00:19:04,999 Aber was konnten wir noch machen? So. 140 00:19:05,000 --> 00:19:10,999 IV: Sagen Sie bitte, was hat Ihnen Hoffnung gegeben, das alles zu ertragen? Was hat Ihnen Kraft gegeben? 141 00:19:11,000 --> 00:19:15,999 GS: Wissen Sie was… Ich bin sehr wahrscheinlich ein Optimist von Geburt an. 142 00:19:16,000 --> 00:19:24,999 Durch meinen Optimismus habe ich den Leuten geholfen, die gefallen sind. Dort, falls man ein bisschen in eine Depression gerät – alles – überlebt man es nicht. 143 00:19:25,000 --> 00:19:31,999 Dann ist der Tod sicher! Und ich habe immer geglaubt, dass ich am Leben bleibe, ich habe es geglaubt. 144 00:19:32,000 --> 00:19:41,999 Und wem ich konnte, dem habe ich geholfen. Wenn ich etwas Schweres für jemanden schleppen musste, weil als wir bei der Entwässerung der Moore arbeiteten, haben wir geschleppt… 145 00:19:42,000 --> 00:19:48,999 Dorthin wurde die Schleimsuppe in solchen Metall-Thermoskübeln geliefert. Und von dort musste man sie schleppen. 146 00:19:49,000 --> 00:19:56,999 Der Kübel war für eine Erschöpfte sehr schwer. Aber das, dass man das einige Kilometer schleppte, kostete eine Portion des Brots. 147 00:19:57,000 --> 00:20:03,999 Ich habe zum Beispiel statt meiner Freundin, die dank mir am Leben geblieben ist, immer umsonst diesen Kübel geschleppt. 148 00:20:04,000 --> 00:20:09,999 Ich habe immer unterstützt. Wo ich nur konnte, also, und was ich konnte… 149 00:20:10,000 --> 00:20:15,999 Obwohl ich manchmal selber halbtot war {lacht}. 150 00:20:16,000 --> 00:20:19,999 Ich habe zwei Selektionen im Kremato… in diesem… in Auschwitz erlebt. 151 00:20:20,000 --> 00:20:27,999 Während einer Krema… einer Selektion habe ich mich im Stockbett im dritten Stock versteckt. 152 00:20:28,000 --> 00:20:31,999 Ich war dort alleine und habe mich unter der Matratze versteckt. 153 00:20:32,000 --> 00:20:43,999 Ich war sehr mager, und diese Matratze … aus Papier. Ich habe mich versteckt. Und ich hatte das Glück, Gott sei Dank, dass niemand geprüft hat. 154 00:20:44,000 --> 00:20:55,999 Aber es war ein gruseliger Schrecken, als zum Beispiel eine Mutter mit ihrer Tochter zusammen war, und die Nummer der Mutter notiert wurde. Und eine notierte Nummer bedeutete das Krematorium. 155 00:20:56,000 --> 00:21:01,999 Es ist schon ohne. Wenn die Nummer notiert wurde – ist das Krematorium garantiert. 156 00:21:02,000 --> 00:21:11,999 Und in der Nacht ist jemand dem Irrsinn verfallen, jemand hat gesungen, geschluchzt, jemand hat einen hysterischen Anfall bekommen – ich bin unter dieser Matratze am Leben geblieben. So. 157 00:21:12,000 --> 00:21:16,999 Die zweite war bei mir... Dieser Selektion bin ich entgangen. 158 00:21:17,000 --> 00:21:30,999 Wegen der schweren Arbeiten hatte ich einen Abszess auf meinem Arm, und es war schon Flüssigkeit darin - ich habe es versteckt, hatte Angst vor dem Krematorium, hier ... {zeigt den Arm}. Und ich wurde in die 27. Baracke versetzt. 159 00:21:31,000 --> 00:21:40,999 Und die 25. und 26. Baracke waren die Todesbaracken, und diese war im Vorfeld der Todesbaracke. 160 00:21:41,000 --> 00:21:49,999 Und in diesem Zeitraum hatte ich wahrscheinlich Fieber oder noch was… Es ist ein Zeitraum, der mir entfallen ist. 161 00:21:50,000 --> 00:21:56,999 Ich erinnere mich daran, dass ich in die 27. Baracke gekommen bin. Aber wie ich ins Revier geraten bin – das ist mir entfallen. 162 00:21:57,000 --> 00:21:59,999 Ich erinnere mich nicht daran, wie ich operiert wurde. 163 00:22:00,000 --> 00:22:08,999 Eine russische Ärztin und eine polnische Nonne haben in der Nacht diese Operation gemacht {schnupft}. 164 00:22:09,000 --> 00:22:14,999 Und sofort haben sie mich entlassen. Die Ärztin hat mich ins Lager entlassen, und ich sage dann: 165 00:22:15,000 --> 00:22:19,999 „Lubow Jakowlewna, ich {wischt die Nase} gerate ins Krematorium mit einem solchen Arm.“ 166 00:22:20,000 --> 00:22:23,999 Sie sagt: „Geh, mag sein, dass du am Leben bleibst.“ Sie hat mir nicht die Wahrheit gesagt. 167 00:22:24,000 --> 00:22:30,999 Ich… Sie hat mich morgen früh ins Lager hinausgejagt, und am Mittag war die Selektion. 168 00:22:31,000 --> 00:22:37,999 Und die, die behindert waren, sind alle ins Krematorium gegangen. So zwei schreckliche Selektionen. 169 00:22:38,000 --> 00:22:43,999 Schrecklich war auch eine Episode, als man Kinder von den Müttern weggenommen hat. 170 00:22:44,000 --> 00:22:52,999 Das war etwas. Ich habe es in unserer Baracke gesehen {räuspert sich}. Wir sind angekommen, und es war dort auch ein Transport aus Wizebsk – Frauen und Kinder. 171 00:22:53,000 --> 00:23:00,999 Und als man sie weggenommen hat – die Kinder weinen, die Mütter verlieren die Besinnung. Das ist doch entsetzlich, entsetzlich... 172 00:23:01,000 --> 00:23:07,999 Das war am schrecklichsten. Aber das schlimmste war, wenn man ins Krematorium geschickt wurde. 173 00:23:08,000 --> 00:23:15,999 Massen… Gruppen der Juden. Wissen Sie, also wie Brennhölzer in den Ofen. 174 00:23:16,000 --> 00:23:24,999 Kommt die Gruppe an, der Transport wird entladen, die Sachen bleiben stehen, die Menschen treten in Fünferreihe an. 175 00:23:25,000 --> 00:23:29,999 Aber es gibt schon seit langem keine Jungen, es sind nur Greise und Greisinnen geblieben… 176 00:23:30,000 --> 00:23:34,999 Aus verschiedenen Ländern. Aus Italien, aus Spanien kamen die Gruppen. 177 00:23:35,000 --> 00:23:43,999 Und kleine Kinder. Und sie gehen schweigend. Sie geben keinen Laut, kein Weinen von sich. 178 00:23:44,000 --> 00:23:46,999 Sie schauen nur wie gebannt auf dieses Feuer. 179 00:23:47,000 --> 00:23:52,999 Wir sind doch hier, hinter dem Stacheldraht – sie können fragen: „Was ist das?“ Nichts… 180 00:23:53,000 --> 00:23:58,999 Keine Bewegung, nichts… Ich habe mehrere Jahre lang daran gedacht, ich habe mit Juden gesprochen: 181 00:23:59,000 --> 00:24:07,999 „Warum? Warum doch die andere Nationen, wenn man sie erhängt, wenn man sie erschießt – entweder singen sie, oder schreien sie, oder verabschieden sich? 182 00:24:08,000 --> 00:24:10,999 Warum sind diese schweigend gegangen?“ 183 00:24:11,000 --> 00:24:17,999 So stelle ich mir… mir… diese Frage… Die Juden sind dagegen, dass ich ihnen solche Frage stelle. 184 00:24:18,000 --> 00:24:26,999 Ich habe in der Bibel {lächt} nach mehreren Jahren gelesen – das ist ein Gottesfluch für den Ungehorsam, den sie… 185 00:24:27,000 --> 00:24:33,999 Sooft er sein Volk belehrt hat, sie haben alles umgekehrt gemacht. 186 00:24:34,000 --> 00:24:39,999 Und dort wurde gesagt, dass sie über die ganze Welt verstreut werden. 187 00:24:40,000 --> 00:24:46,999 Und die anderen Völker sie nicht mögen werden, und sie im Feuer verbrannt werden. 188 00:24:47,000 --> 00:24:53,999 Das ist auch schrecklich. Besonders im Juni - Juli 1944. 189 00:24:54,000 --> 00:25:02,999 Die Krematorien standen nie still. Es wurden auch Gruben ausgehoben, man hat sie erschossen, direkt in diese Gruben und danach hat man sie verbrannt. 190 00:25:03,000 --> 00:25:06,999 Das alles habe ich mit meinen Augen gesehen. 191 00:25:07,000 --> 00:25:11,999 IV: Wie lange sind Sie dort geblieben und wie lange waren Sie dann im nächsten Lager? 192 00:25:12,000 --> 00:25:29,999 GS: Ich war dort von Dezember … 4. Dezember 1943 bis 10. Oktober 1944, so… 193 00:25:30,000 --> 00:25:35,999 Im Oktober wurde ich schon verlegt nach diesem… Nach Dresden. 194 00:25:36,000 --> 00:25:39,999 Und in Dresden war ich bis zum 14.April. 195 00:25:40,000 --> 00:25:42,999 IV: Und warum wurden Sie nach Dresden gebracht? 196 00:25:43,000 --> 00:25:50,999 GS: Weil die Truppen schon näher gekommen sind. Sie haben nacheinander evakuiert dieses… Auschwitz. 197 00:25:51,000 --> 00:25:57,999 Und Mittweida, und Ravensbrück, Sachsenhausen – das ist doch alles… Mauthausen. 198 00:25:58,000 --> 00:26:05,999 Alle sind durch Auschwitz gegangen. Fast alle durch Auschwitz. 199 00:26:06,000 --> 00:26:10,999 IV: Sagen Sie bitte, wie wurden Sie bewacht? Erzählen Sie, wie man mit Ihnen umgegangen ist? 200 00:26:11,000 --> 00:26:12,999 GS: Die SS hat uns bew… bewacht. 201 00:26:13,000 --> 00:26:19,999 Ich sage Ihnen. Männer haben uns bewacht – sie sind gekommen, haben uns gezählt, aber sie waren irgendwie… 202 00:26:20,000 --> 00:26:23,999 Wir waren einfach schrecklich anzusehen. 203 00:26:24,000 --> 00:26:31,999 Sie hatten, ich verstehe das so, ein angewidertes Verhältnis zu uns, weil wir alle Abszesse hatten. 204 00:26:32,000 --> 00:26:37,999 Das, was Frauen normalerweise jeden Monat haben sollen, hatten wir nicht. 205 00:26:38,000 --> 00:26:41,999 Stattdessen hatten wir die blauen Abszesse. 206 00:26:42,000 --> 00:26:53,999 Krätze, Erschöpfung – ja schreck… sehr schrecklich. So haben sie uns gezählt und sind weggegangen… 207 00:26:54,000 --> 00:27:00,999 Aber ich sage doch: die Frauen – es waren etwas… Wenn man sich umdrehte, irgendwas sagte – sofort bekam man.. 208 00:27:01,000 --> 00:27:07,999 Und nur… Nur zwei Mal wurde ich… von den Männern geschlagen. 209 00:27:08,000 --> 00:27:15,999 Einmal {räuspert sich} hatte ich mir meine Füße erfroren, und mir trat eine Frau hinten auf das Holz. 210 00:27:16,000 --> 00:27:19,999 Ich bin nach vorne gefallen, aber die Füße waren wund erfroren. 211 00:27:20,000 --> 00:27:22,999 Ich habe mich umgedreht, ich wollte ihr nur sagen: 212 00:27:23,000 --> 00:27:25,999 „Bitte Vorsicht. Sie haben mir sehr weh getan.“ 213 00:27:26,000 --> 00:27:30,999 Und gleichzeitig man hat mir, wie gesagt, mit dem Schlagstock {zeigt den Schlag mit der Geste} gegen den Kopf. 214 00:27:31,000 --> 00:27:35,999 Das war ein Mal. Und das zweite Mal, als die Entwässerung des Moors war. 215 00:27:36,000 --> 00:27:46,999 Weiche Erde. Und Karren. Und sie rutschen mit der Erde auf dem Gleis aus. 216 00:27:47,000 --> 00:27:58,999 Wir haben doch keine Kraft mehr. Und fünf Frauen können das nicht aufheben. Und ich sehe schon – der Chef des Kommandos läuft herbei. 217 00:27:59,000 --> 00:28:04,999 Er läuft schon… um uns zu schlagen, dass die Karre nicht… 218 00:28:05,000 --> 00:28:15,999 Und ich habe dann allen gerufen: "Alle zusammen, los!" Und während er rannte, stellten wir die Karre auf das Gleis, aber wir haben bekommen: Eine mit dem Gummistock, eine mit dem Fuß. 219 00:28:16,000 --> 00:28:20,999 Mich hat er gegen das Steißbein mit dem Fuß getreten. Als ich nach Hause zurückgekehrt bin, habe ich immer noch diesen Schmerz verspürt. 220 00:28:21,000 --> 00:28:29,999 So zwei Mal. Abgesehen vom Verhör beim SD. Darüber {lacht} schweigt die Geschichte. 221 00:28:30,000 --> 00:28:35,999 Splitternackt, ganz geschlagen so… 222 00:28:36,000 --> 00:28:36,999 IV: Wo war das? 223 00:28:37,000 --> 00:28:42,999 GS: In Minsk. Der SD in Minsk, ja. 224 00:28:43,000 --> 00:28:48,999 IV: Sagen Sie bitte, aber während des Aufenthalts im Lager sind vielleicht einige Informationen von der Front durchgesickert? 225 00:28:49,000 --> 00:28:50,999 Wussten Sie darüber, was an der Front passiert? 226 00:28:51,000 --> 00:28:59,999 GS: Ja {nickt}. Der Widerstand hat gekämpft. Polen haben uns Informationen weitergegeben. 227 00:29:00,000 --> 00:29:09,999 So… Aus dem Zivilleben. Sie haben eine Kommunikation geknüpft. Es war schon so, dass {räuspert sich} eine Bombe zugeschanz wurde. 228 00:29:10,000 --> 00:29:18,999 Gruppen, die 20 Kilometer vom Lager entfernt gearbeitet haben, im Feld, haben eine Bombe eingeschmuggelt. 229 00:29:19,000 --> 00:29:22,999 Wir warteten hier auf den Knien. 24 Stunden! 230 00:29:23,000 --> 00:29:28,999 Unsere ganze Baracke war, alles... die Matratzen – alles wurde durchsucht – man hat diese Bombe gesucht. 231 00:29:29,000 --> 00:29:40,999 Aber die Bombe ist schon ins Krematorium geraten {kratzt die Lippen}. Und als ich 1944 im Lager {räuspert sich} mit diesem Arm gearbeitet habe, 232 00:29:41,000 --> 00:29:45,999 wurde ein Kommando genommen, ein Sonderkommando hat gearbeitet… 233 00:29:46,000 --> 00:29:57,999 Sie haben ein oder zwei Monate lang gearbeitet, uns dann wurden sie verbrannt, damit es keine Zeugen gibt. 234 00:29:58,000 --> 00:30:08,999 So… Die, die gearbeitet haben. Sie haben den Chef dieses Krematoriums in den Ofen gesteckt und {räuspert sich} … sind geflohen. 235 00:30:09,000 --> 00:30:15,999 Und in dieser Zeit wurde das Lager auf… aufgelöst, und sie haben den Strom ausgeschaltet… 236 00:30:16,000 --> 00:30:26,999 Es war so eine… es gab bei uns 600… Es wurde ausgeschaltet. Und sie schreien… Diese Kabel haben wir mit den Spaten zerhackt… 237 00:30:27,000 --> 00:30:31,999 „Mädels, wir fliehen“ – haben diese Burschen aus dem Krematorium geschrien. 238 00:30:32,000 --> 00:30:42,999 Aber natürlich ist keine von den Frauen mitgeflohen. Und diese sind gelaufen, aber einer einen Kilometer, einer zwei, weil die Kommandos, die vom Feld zurückgekehrt sind, haben erzählt, dass sie über Leichen gingen. 239 00:30:43,000 --> 00:30:45,999 GS: So 240 00:30:46,000 --> 00:30:53,933 {Undeutlich. Gespräch zwischen dem Kameramann und der Dolmetscherin}